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Sure 19: Maria   (übersetzt von Martin)

Dies ist eine weitere mekkanische Sure. Während des ersten Teils von Mohammeds Karriere wanderte eine Gruppe von Muslimen von Arabien nach Abessinien aus. Einer der Muslime rezitierte das hier vorhandene Material über Maria und Jesus vor dem christlichen Herrscher von Abessinien und zeigte ihm, dass die Muslime an Jesus glaubten, aber nicht als Sohn Gottes.

Nach den rätselhaften Buchstaben in Vers 1 erzählen die Verse 2-40 die Geschichte von Lukas 1:5-80 nach - natürlich mit einigen wichtigen Unterschieden. Die Verse 2-15 beginnen wie Lukas' Bericht mit der Geschichte von Zacharias, dem Vater von Johannes dem Täufer, der einem Engel begegnet (Lukas 1:11; Vers 9 von diesem Kapitel legt fest, dass Allah nicht direkt mit Zacharias spricht). Der Engel sagt ihm, dass er Vater werden wird trotz seines hohen Alters und der Unfruchtbarkeit seiner Frau (Vers 8). Im Koran, anders als im Evangelium, geschieht dies als Antwort auf sein Gebet um einen Sohn (Verse 4-6). Sowohl im Evangelium (Lukas 1:20) als auch im Koran (Vers 10) ist er nach dieser Vision nicht fähig zu sprechen, auch wenn der Koran, anders als das Evangelium, dies nicht als Strafe für seinen Unglauben darstellt, sondern nur als Zeichen von Allahs Macht.

Im Koran gibt es keine Parallele zu der im Evangelium gezogenen Verbindung zwischen Zacharias' Sohn Johannes und Elia (Lukas 1:17), dem Propheten, der vor dem Kommen des Herrn zurückkehren soll (Maleachi 3:23-24). Johannes ist nicht der Vorbote, der dem Herrn seinen Weg bereitet, er ist einfach fromm ("bedeutend, dass er rein war und keinen Hang hatte, Sünden zu begehen," erklärt Ibn Kathir in einem Widerhall einiger christlicher Traditionen, dass Johannes keine Sünden beging), gottesfürchtig und pietätvoll gegen seine Eltern (Verse 13-14).

Dann folgt in den Versen 15-40 die Geschichte von Jesu Geburt, aber wie der Bericht über die Geburt von Johannes weicht sie signifikant von der Erzählung des Evangeliums ab. Um nur eine Sache zu nennen, sagt der Engel Maria nur, dass sie die Mutter eines "lauteren Jungen" sein wird (Vers 19) - kein Wort natürlich über sein Wesen als "Sohn des Höchsten" (Lukas 1:32), ein Konzept, das in Vers 35 erneut zurückgewiesen wird. Jesus wird jungfräulich empfangen (Vers 20). Ibn Kathir sagt, dass viele Gelehrte glauben, dass sie durch den Atem des Engels Gabriel empfing: "Viele Gelehrte der Vorfahren (Salaf) haben erwähnt, dass zu diesem Zeitpunkt der Engel (der Djibril [Gabriel] war) in die Öffnung des Kleidungsstücks blies, das sie trug. Dann stieg der Hauch hinab, bis er in ihre Vagina eindrang, und sie empfing das Kind mit der Erlaubnis Allahs."

Maria leidet dennoch an den Schmerzen der Geburt (Vers 23) - während sie nach einigen christlichen Traditionen nicht daran leidet, denn diese Schmerzen sind die Folge der Sünde (Genesis 3:16), die Jesus auf sich nimmt und abbüßt (1. Korinther 15:22).
[siehe hierzu eine Diskussion in einem katholischen Internetforum (auf Englisch) oder den römischen Katechismus (erster Teil, viertes Hauptstück, neunte Frage)]

Hier entbindet Maria Jesus unter einer Palme (ohne Krippe wie in Lukas 2:7), denn Allah tröstet sie für ihre Wehen mit Datteln (Verse 24-26). Eine Stimme ruft ihr von unten her zu: "Sei nicht traurig! Dein Herr hat unter dir ein Rinnsal (voll Wasser) gemacht" (Vers 24). Ibn Abbas, Sa‘id bin Jubayr, Ad-Dahhak, ‘Amr bin Maymun, As-Suddi und Qatadah meinen, dies war Gabriel, während Mujahid, Al-Hasan und Abdul-Rahman bin Zayd sagen, es war der neugeborene Jesus, der sowieso früh genug sprechen konnte (Verse 30-33).

Abdul-Rahman bin Zayd erwähnt, dass sie, als Jesus ihr sagte, nicht zu trauern, antwortete: "Wie kann ich nicht traurig sein, wenn du bei mir bist, und ich weder einen Ehemann habe noch eine jemandem gehörende Sklavenfrau bin?" Um die Peinlichkeit zu vermeiden, erklären zu müssen, wie sie zu einem Neugeborenen gekommen ist, sagt er ihr, sie solle den Leuten erzählen, dass sie fastet und mit niemandem spricht (Vers 26). Und wie erwartet, als ihre Familie das Kind sieht, sind sie bestürzt (Vers 27) und machen ihr Vorhaltungen: "Schwester Aarons! Dein Vater war doch kein schlechter Kerl und deine Mutter keine Hure." Viele haben die Anklage erhoben, da der Koran Maria hier "Schwester Aarons" nennt, dass Mohammed Maria, die Mutter von Jesus, mit Mirjam, der Schwester von Mose und Aaron, verwechselt - in Arabisch sind die Namen identisch: Maryam. Selbst die Christen zu Mohammeds Zeiten bemerkten dies, aber Mohammed hatte eine Erklärung bereit [Sahih Muslim 25/5326]: "Die (Leute der alten Zeit) pflegten (ihren Menschen) die Namen von Aposteln und frommen Personen zu geben, die vor ihnen verstorben waren." Somit, sagt Mohammed, war es eine Ehre und kein Irrtum, Maria "Schwester des Aaron" zu nennen.

Wie dem auch sei, um ihren Argwohn zu zerstreuen zeigt Maria einfach zur Wiege, und Jesus beginnt zu sprechen (Verse 30-33). Dieses und anderes koranisches Material über Jesus scheint von häretischem und nicht-kanonischem christlichen Material zu stammen: der neugeborene Jesus spricht nicht im Neuen Testament, aber ein arabisches Kindheitsevangelium, das aus dem sechsten Jahrhundert datiert, sagt dies: "Jesus sprach, und tatsächlich, als er in seiner Wiege lag, sagte er zu Maria, seiner Mutter: Ich bin Jesus, der Sohn Gottes, der Logos, den du geboren hast, wie der Engel Gabriel dir kundgetan hat. Und mein Vater hat mich zur Rettung der Welt geschickt." Natürlich sagt er im Koran nicht, dass er der Sohn Gottes war, sondern stattdessen der "Diener Allahs" (Vers 30), denn einen Sohn zu haben ist nicht angemessen für Allahs Majestät (Vers 35).

Die Verse 41-50 kommen auf die Geschichte von Abraham zurück und erzählen von seinem Bruch mit seinem Vater, als der sich weigerte, seine Götzenanbetung aufzugeben. Abraham betet, dass Allah seinem Vater vergeben wird (Vers 47), aber wir erfahren anderswo, dass er damit kein Vorbild für die Muslime ist (60:4). Abraham kehrt sich nicht nur von den Götzen ab, sondern auch von seinem Vater (Verse 48, 50). Die Verse 51-58 erwähnen im Vorbeigehen verschiedene Propheten, einschließlich Mose, Ismael und Idris (Henoch). Die Verse 59-63 kehren zurück zu den Freuden, die die Gesegneten im Paradies genießen werden, aber ohne sehr spezifisch zu sein.

Dann beenden die Verse 64-98 die Sure mit vertraut klingenden Themen, hauptsächlich über die Ungläubigen. Die Engel steigen nicht herab, außer auf Allahs Befehl (Vers 64) - dies wurde gesagt, weil Mohammed sich wunderte, weshalb er Gabriel nicht öfter sah, so der Tafsir [Korankommentar] al-Jalalayn. Diejenigen, die an der Auferstehung zweifeln, werden nicht dem Tag des Gerichts entkommen (Verse 66-71). In Vers 73 sind die Ungläubigen bereit, die Religion, welche befolgt werden soll, auf Grund des Grades des irdischen Erfolgs ihrer Anhänger zu bestimmen. "Hiermit," so Ibn Kathir, "sagten sie: 'Wie können wir uns in Falschheit befinden, während wir auf diese Weise ein erfolgreiches Leben führen?'" Aber Allah hat zahllose Generationen vor ihnen zugrunde gehen lassen (Vers 74). Diejenigen, die mit ihrem weltlichen Erfolg prahlen, während sie Ungläubige bleiben, werden für ihre Prahlereien bestraft werden (Verse 77-80). Die Dämonen, die die Ungläubigen verehren, werden sich gegen sie wenden (Vers 82); tatsächlich wird Allah die Satane auf sie ansetzen (Vers 83). Der Gedanke, dass Allah einen Sohn gezeugt haben soll, ist "etwas Schreckliches" (Vers 89) -- tatsächlich "brechen die Himmel (aus Entsetzen) darüber auseinander und spaltet sich die Erde und stürzen die Berge in sich zusammen" (Vers 90). Allah wird über alle Geschöpfe Recht sprechen (Vers 95). Der Koran schenkt "den Gottesfürchtigen" "frohe Botschaft" und Warnungen für "streitsüchtige Leute" (Vers 97) -- denn "wieviele Generationen haben wir vor ihnen zugrunde gehen lassen!" (Vers 98).

Nächste Woche: Sure 20, "Ta Ha": "Wir haben den Koran nicht auf dich herabgesandt, um dich unglücklich zu machen."

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  Sure 20: Ta Ha

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Englischer Original-Artikel:
        BLOGGING THE QUR'AN, Blogging the Qur’an: Sura 19, “Mary”

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        Adel Th. Khoury, ISBN alt: 3579080245, ISBN neu: 978-3579080246
        Rudi Paret, ISBN alt: 3170198297, ISBN neu: 978-3170198296

Online existieren n.a. folgende deutschsprachige Nachschlagemöglichkeiten:
        theology.de
        Saudisches Dawa-Ministerium
Zu unserem großen Bedauern ist die Übersetzungs-Synopsis der Nur-Koraner (war mal www.nur-koran.de) aus dem Netz verschwunden.

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