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Sure 9: die Reue   (übersetzt von Hubertus)

Im März 2006 fuhr ein zweiundzwanzigjähriger iranischer Student mit Namen Reza Taheri Azar mit einem Geländewagen auf das Gelände der Universität von North Carolina in Chapel Hill mit dem Vorsatz, Menschen zu töten und mit dem Ergebnis, dass er neun Personen verletzte. Nach dem Vorfall schien er ausgesprochen zufrieden mit sich. Lächelnd und der Menschenmenge nach seinem Auftritt vor Gericht zuwinkend erläuterte er, dass er „dankbar für die Gelegenheit war, den Willen Allahs zu verbreiten“. Später schrieb er sechs Briefe an den Daily Tar Heel, die studentische Zeitschrift der Universität von North Carolina, in denen er seine Motivation erläutert. In einem dieser Briefe stellt er eine Liste von Koran-Anmerkungen, die für den Angriff am 3. März 2006 relevant seien, zusammen.

Diese enthalten „Anweisungen und Leitlinien für den Kampf und das Töten in der Sache Allahs“. Er zitiert die Verse 14 und 15 der Sure 9, und erläutert damit, dass Kampf den Zweck hat, „den Zorn und die Wut aus den Herzen der Gefolgsleute Allahs zu entfesseln“. Und in der Tat verspricht Allah in diesen Versen, dass er die Ungläubigen durch die Hand der Gläubigen bestrafen und dass er sie mit Schande bedecken wird. Er wird „ die Körper der Gläubigen heilen und die Empörung ihrer Herzen beruhigen“. Ibn Juzayy und das Tafsir (Koran-Kommentar) "al Jalalayn" jedoch fokussieren sich auf den Teil der Verse, die sagen, „Allah wendet sich jedem zu, den er auswählt“. Allah wird sich einigen Ungläubigen zuwenden, auf dass sie Muslime werden“. Diese Entscheidung ist, wie wir gesehen haben, einzig die Entscheidung Allahs. Allah wird diejenigen nicht im Stich lassen, „die (in Seiner Sache) kämpfen“(Vers 16). Das Wort, das hier verwendet wird, ist jahadu, eine Form von „Jihad“, wie es in den erwähnten Koran-Kommentaren dargestellt wird.

Die Verse 17 bis 22 verkünden, dass die Götzendiener oder Polytheisten (mushrikina, von mushrik, Polytheist) es nicht Wert sind, die Sorge für die heilige Moschee in Mekka zu tragen – auch wenn zur Zeit der Offenbarung dieser Sure die Heiden noch die Kontrolle über die Moschee besaßen. Sie kontrollieren sie, aber wie Ibn Juzayy bemerkt, „haben sie weder das Recht noch die Pflicht, dies zu tun. Sie besitzen diese durch gewaltsame Besetzung und Ungerechtigkeit“. Sie haben kein Recht auf die Moschee, weil gemäß Ibn Kathir und gemäß allgemeiner islamischer Tradition Abraham selbst sie als Schrein für Allah gebaut hat.

Die Verse 23-28 weisen die Gläubigen an, sich von den Ungläubigen fern zu halten und diese zu bekämpfen. Die Gläubigen sollten die Verbindungen sogar zu ihren eigenen Familien trennen, wenn diese keine Muslime seien (Verse 23-24). Laut Ibn Kathir „befiehlt Allah, die Ungläubigen zu meiden, auch wenn es die eigenen Eltern oder Kinder sind, und untersagt es, sie als Unterstützer zu wählen, wenn diese den Unglauben statt des Glaubens wählen.“ Ibn Juzayy bemerkt, dass Vers 24 mit seiner Warnung, dass niemand im Leben etwas höher erachten sollte als Allah, diejenigen bedroht, die die Familie, Besitz oder das Heim höher schätzen als den Jihad und den Auszug. Mit Auszug ist hier die Hedschra, der Umzug nach Medina gemeint, der zu der Zeit allen wahren Gläubigen oblag.

Die Verse 25 und 26 berichten von der Schlacht von Hunayn, welche nach der Eroberung Mekkas durch Mohammed stattfand. Nachdem er der Beherrscher von Mekka wurde, gab es ein weiteres Hindernis zwischen ihm und der Herrschaft über ganz Arabien. Malik ibn Awf, ein Angehöriger des Hawazin-Stammes aus der Stadt Ta'if südlich von Mekka, begann eine Truppe für den Kampf gegen die Muslime zu versammeln. Die Anhänger Ta'ifs hatten Mohammed zurückgewiesen und ihn schäbig behandelt, als er zehn Jahre zuvor sein Prophetentum angemeldet hatte. Sie waren ewige Feinde der Quraysh und sahen den Übertritt dieser zum Islam mit Verachtung. Malik versammelte eine Streitmacht und marschierte los, um die Muslime zu treffen. Gemäß Ibn Ishaq traf Mohammed ihn mit einer 250000 Kopf starken Armee und sprach in Anspielung auf Vers 25 („als eure große Zahl euch stolz machte - doch sie nutzte euch nichts“): „Es wird uns heute aufgrund zahlenmäßiger Überlegenheit nicht schlecht ergehen.“

Die zwei Armeen trafen sich in einem Wadi – einem trockenen Flussbett - namens Hunayn in der Nähe von Mekka. Malik und seine Leute erreichten es zuerst und nahmen ihre Positionen ein, die ihnen einen immensen taktischen Vorteil gaben. Die Muslime waren trotz ihre zahlenmäßigen Überlegenheit im Nachteil. Als sie ihre Reihen verliessen und flohen, rief Mohammed aus: “Wo geht ihr hin? Kommt mit mir. Ich bin Gottes Gesandter. Ich bin Mohammed, der Sohn von Abdullah.“ Einige der Muslime fassten sich ein Herz, und langsam begann sich das Schlachtenglück zu wenden – wenn auch mit gewaltigen Verlusten auf beiden Seiten.

Die Muslime setzen sich schliesslich durch und löschten die letzte größere Armee, die zwischen dem Propheten des Islams und der Herrschaft über Arabien stand, aus. Nach der Schlacht erfuhr Mohammed eine weitere Offenbarung, die erklärt, dass die Muslime aufgrund übernatürlicher Hilfe gewonnen hätten (Vers 26). Jetzt, wo Malik besiegt war, konnten die Muslime in der Folge Ta'if mit nur geringem Widerstand erobern. Auf seinem Weg in die Stadt hielt Mohammed unter einem Baum, und da ihm das Gelände gefiel, ließ er dem Eigentümer ausrichten: “Entweder Du kommst zu uns oder wir zerstören deine Schutzmauer.“ Aber der Eigentümer weigerte sich vor Mohammed zu erscheinen, und so zerstörten die Muslime tatsächlich seinen Grundbesitz. In der Bemühung, die Stammesmitglieder von Ta'if für den Islam zu gewinnen, war Mohammed ihnen gegenüber ansonsten nachgiebig. Bei seiner Verteilung der Beute bevorzugte er einige der neueren Konvertiten der Quarysh in der Hoffnung, ihre Bindung an den Islam zu festigen. Seine Bevorzugung führte aber zu einigen Gemurre. Ein Muslim näherte sich ihm mutig: “Mohammed, ich habe gesehen was Du heute getan hast ... Ich denke, Du warst nicht gerecht.“

Der Prophet des Islams sprach verständnislos: „Wenn Gerechtigkeit nicht bei mir gefunden wird, wo willst Du sie dann finden?“ In der Tat sind Mohammeds Worte und Taten die höchsten Verhaltesregeln des Islams, die dessen einzigen und absoluten Standard bilden: Alles, was durch das Vorbild des Propheten gestützt wird, ist gut.

Gemäß Ibn Juzay bedeutet das Versprechen, dass „Allah gnädig ist, zu wem Er will“ (Vers 27), dass „der Stamm der Hawazin, die die Muslime bei Hunayn bekämpft hatten, nun Muslime wurden“.

Die Ungläubigen sind unrein und dürfen deshalb die heilige Moschee nicht betreten (Vers 28). Besonders Shiiten betrachten dies als eine Angelegenheit der rituellen Reinheit. Der Ayatollah Sistani, den viele als ein Licht der Hoffnung für einen demokratischen Irak sehen, kann sich einen Staat, in dem Ungläubige die gleichen Rechte wie Muslime besitzen, nicht vorstellen, da er Nichtmuslime auf eine Ebene mit anderen unreinen Dingen stellt:

"Die folgenden zehn Dinge sind besonders najis (unrein, unsauber):

1. Urin
2. Fäkalien
3. Samenflüssigkeit
4. Leichen
5. Blut
6. Hunde
7. Schweine
8. Kafir (Ungläubige)
9. Alkoholische Getränke
10. Der Schweiss eines Tieres, das regelmäßig najasat (unreines) frisst."

(Original-Fatwa von Ayatollah Sistani auf englisch unter www.sistani.org)

Die Idee basiert auf Vers 28. Das Tafsir al-Jalalayn führt aus, dass Polytheisten „unrein sind aufgrund ihrer inneren Verdorbenheit“, und As-Suyuti fügt hinzu, dass manche sagen, „sie sind tatsächlich unrein, so dass sie Ghusl (die vollständige Reinigung) vollführen müssen wenn sie Muslim werden und ein Muslim muss Wudu (eine teilweise Reinigung) vollziehen, wenn er ihnen die Hand schüttelt.“ As-Suyuti merkt weiter an, dass dieser Vers den Ungläubigen verbietet, die heilige Moschee von Mekka zu betreten, auch wenn er darauf hinweist, dass Abu Hanifa meint, dass Anhänger des Buches nicht ausgeschlossen sind, weil dies nur speziell für Götzenanbeter gelte.“ Aufgrund der Sperrung von Arabien für Nichtmuslime durch Mohammed (Hadith bei Muslim, 19/4366) ist es aber unwahrscheinlich, dass es Anhängern des Buches möglich ist, heutzutage Mekka zu betreten.

Nächste Woche: Der Befehl, gegen Juden und Christen zu kämpfen und diese zu unterjochen.



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Englischer Original-Artikel:
        BLOGGING THE QUR'AN, Blogging the Qur’an: Sura 9, “Repentance”, verses 14-28

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        Adel Th. Khoury, ISBN alt: 3579080245, ISBN neu: 978-3579080246
        Rudi Paret, ISBN alt: 3170198297, ISBN neu: 978-3170198296

Online existieren n.a. folgende deutschsprachige Nachschlagemöglichkeiten:
        theology.de
        Saudisches Dawa-Ministerium
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